Kleiner Schatz der lokalen Seniorenarbeit

Sie arbeiten im und fördern das Projekt „Niemanden vergessen“: Henrik Böhmert (Vorsitzender Stiftung Altenhilfe), Uschi Endress, Ursula Döbert (Teamleiterin), Bürgermeister Gene Hagelstein und Ellen Szyska. Hinten stehen (von links) Anita Gratza, Andrea Dimke-Horst, Harald Sax, Erik Schmekel (stellvertretender Fachbereichsleiter Soziales), Ottmar Roth und Erster Stadtrat Stefan Schmitt. © Leo F. Postl

Das Projekt „Niemanden vergessen“ konzentriert sich seit Jahren auf demenziell Erkrankte, die mitunter einsam in Pflegeheimen leben. So verschönert die Ehrenamtlichen das Leben der Hochbetagten.

Neu-Isenburg – Mit vermeintlichen Kleinigkeiten Großes bewirken – das ist die Absicht des ehrenamtlichen Projekts „Niemanden vergessen“. Unter dem Dach der Stiftung Altenhilfe hat sich seit 2018 eine Gruppe von rund acht Mitarbeitern zusammengetan, um eine kleine, aber entscheidende Lücke der Pflegearbeit für Senioren zu füllen. „Bei unserem niedrigschwelligen Ansatz geht es darum, Zeit an demenziell Erkrankte in Pflegeheimen zu verschenken. Wir wollen diesen Menschen, die oft einsam sind, zeigen: Sie sind nicht vergessen“, sagt Ursula Döbert, Mitgründerin von „Niemanden vergessen“. Sie hat das Vorhaben 2018 gemeinsam mit dem früheren Chef der Stiftung Altenhilfe, Dr. Klaus Birck, ins Leben gerufen. „Wir bieten Gymnastik, Spaziergänge, bringen eine Rose mit und unterhalten uns mit den Betroffenen. Das sind vielleicht Kleinigkeiten, aber für die betroffenen Menschen ist das eine riesige Sache“, erläutert die Sozialpädagogin.

Dass es ein solches Angebot für Menschen im Pflegeheim nicht gibt, mag erstaunen. Doch angesichts der personellen Engpässe in der Altenpflege würden Hochbetagte zwar körperlich gut versorgt, aber es bleibe keine Zeit für Gespräche sowie individuelle, soziale Betreuung, lautet die Einschätzung der Projekt-Mitarbeiter. „Es gibt einen Riesenbedarf für eine solche Arbeit in Heimen“, sagt der Ehrenamtliche Ottmar Roth. Vor nicht allzu langer Zeit hat er einen Aufruf der Stiftung Altenhilfe in dieser Zeitung gelesen, es würden noch Freiwillige für das wöchentliche Angebot an Senioren gesucht. Er kam – und blieb.

„Man baut zu den zu Betreuenden eine Beziehung auf. Das gibt viel zurück“, sagt er. Er konzentriert sich darauf, beispielsweise Ballsport mit den demenziell Erkrankten zu machen oder einfache Gymnastik. „Diese Leute kommen schnell aus sich heraus“, beobachtete er. Auch die anderen im Team bestätigen, wie die rund zwei Stunden Beschäftigung pro Woche und Klient etwas in ihnen bewegt. Anita Gratza hilft seit neun Jahren in der Stiftung Altenhilfe und besucht Pflegefälle in allen Neu-Isenburger Heimen. „Ich wollte noch etwas in diesem Bereich arbeiten. Die Leute freuen sich. Inzwischen komme ich nicht mehr davon los“, erzählt sie.

Ergänzender Baustein der Altenpflege

Die Besuchsdienste, die auch kleine Erledigungen oder Spaziergänge beinhalten, haben aus Sicht der Stiftung Altenpflege auch präventiven Charakter, denn so bleiben alte Menschen vor absoluter sozialer Isolation geschützt. Obwohl nach den Worten von Bürgermeister Gene Hagelstein die Seniorenarbeit bereits in den 1980er-Jahren umfassend auf die Betroffenen ausgerichtet worden ist, gilt das Projekt „Niemanden vergessen“ als ein kleiner, funkelnder Baustein innerhalb der sozialen Infrastruktur für Senioren, auch, weil sich die kleine Gruppe mit anderen Akteuren in der städtischen Altenarbeit vernetzt. „Wenn sich Menschen für Bedürftige in Heimen so engagieren, ist das von unschätzbarem Wert“, sagt Erik Schmekel, stellvertretender Fachbereichsleiter Soziales bei der Stadt Neu-Isenburg.

Damit das Projekt läuft, stellt die Stiftung Altenhilfe – finanziell vom Lions Club und der Stadt Neu-Isenburg getragen – 13 000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Jüngst hat sie den ursprünglichen Betrag von 10 000 Euro aufgestockt. Die Betreuer erhalten für die zweistündige Arbeit eine Aufwandsentschädigung von zwölf Euro pro Stunde. Noch immer können helfende Hände gebraucht werden. Voraussetzung dafür sind gute Deutschkenntnisse, denn Kommunikation spielt als Betreuer eine entscheidende Rolle. Warum es etwas Besonderes ist, im Kollektiv von „Niemanden vergessen“ zu arbeiten, erläutert Leiterin Ursula Döbert: „Es ist ein Phänomen, dass ein Team so lange zusammengeblieben ist.“ Selbst in Corona-Zeiten sei die Arbeit fortgesetzt worden, die Engagierten hätten seit 2018 nicht aufgegeben. „Der gemeinsame Erfahrungsaustausch ist wertvoll. Dem Team spreche ich ein Riesendankeschön aus.“